Panoramabaustelle auf knapp 2.000 Höhenmeter

Über 40 Auszubildende sowie Ausbilder aus dem Garten- und Landschaftsbau von insgesamt 12 Betrieben aus dem Großraum Stuttgart sanierten vom 20. bis 23. Juni 2022 die knapp 700 Meter lange und über 200 Jahre alte Naturstein-Trockenmauer am Hälekopf im Kleinwalsertal.

Sanierung eines uralten Mauerkunstwerks

Eine Jahrhunderte alte Natursteinmauer zieht sich über die Alm-Matten des landschaftsprägenden Ifenstocks. Meist spektakulär am Grat entlang, trennt dieses Kunstwerk die ehemalige Uralpe in die zwei Bregenzerwald-Alpen Ifersgunt und Halden. Gebaut im Jahr 1816 und somit über 200 Jahre alt, schlängelt sich dieses fast 700 Meter lange Bauwerk gut sichtbar an den höchsten Stellen der Bergwiesen entlang. Irgendwie drängt sich einem förm-lich der Vergleich mit der Chinesische Mauer auf – zwar im Kleinformat aber ebenfalls sehr beeindruckend.
„Gebaut ist die Mauer aus Schrattenkalk und dem kantigeren Brisi-Sandstein, der sich hervorragend zum Mauerbau eignet“, erläutert Stefan Kronberger, Projektkoordinator sowie Bauleiter und Ausbilder bei der Firma Christoph Schweizer aus Esslingen. Alte Unterlagen zeigen, dass auch die Ausmaße genau dokumentiert waren: Dreieinhalb Fuß Breite, vier Fuß Höhe, so waren die Dimensionen damals schriftlich fixiert worden. „Material war teurer als Arbeitskräfte und jeder abgesammelte Stein – aufgeschichtet als freistehende Trockenmauer – bedeutete gleichzeitig mehr Weidefläche“, ergänzt Kronberger, der auch ehrenamtlicher Leiter der Gruppe Natur & Umwelt im DAV in der Sektion Schwaben ist und somit einen besonderen Bezug zu diesem Seitental des Kleinwalsertals hat. Fehlen Steine an der Mauer, so wird rasch eine „Stein-Kette“ gebildet und die kantigen Brocken fliegen förmlich von Hand zu Hand den steilen Hang hinauf, um dort fachgerecht eingebaut zu werden. Manche Teile der Mauer müssen bis auf die Grundsteine abgetragen und neu aufgesetzt werden, um die Stabilität erneut herzustellen. Es erfüllt sichtbar alle Beteiligten mit Stolz, hier ihren Beitrag zur Erhaltung dieses landschaftlichen Kulturguts leisten zu dürfen.
„Wir haben in den letzten vier Tagen mit vereinten Kräften die gesamte Mauer saniert, damit dieses Bauwerk hoffentlich noch weitere 200 Jahre steht“, freut sich Unternehmer und Mitinitiator Christoph Schweizer aus Esslingen, für den dieser Einsatz ein Herzensprojekt ist. Deshalb hat er auch mit 16 Mann bzw. Frau, rund zwei Drittel seiner Firmenmitarbeiter, am Berg dabei. Insgesamt beteiligen sich 12 Ausbildungsbetriebe aus der Region Stuttgart, die alle im Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. organisiert sind, mit ihren Azubis und Ausbildern an diesem besonderen Projekt.

Mehr als nur Arbeit am Steilhang
„Hier findet ein großer Teambuilding-Prozess statt“, freut sich Ina Schulz, Ausbilderin bei der Firma Christoph Schweizer. „Es ist richtig klasse, dass man sich hier auch auf privater Ebene kennenlernt, das kommt dem Be-triebsklima sehr zugute.“ Die alpenländische Atmosphäre im Kleinwalsertal unterstützt mit ihrer Ruhe und einem ständigen Rundum-Gipfelblick bei son-nigem Wetter den Prozess des Zusammenwachsens. „Hier helfen alle zusammen, unterstützen sich bei den schweren Brocken und wenn mehr Stei-ne gebraucht werden, liegen hier ja genügend in der Landschaft, die binnen weniger Minuten dank Stein-Kette zur Verfügung stehen. Anders als auf unseren Baustellen, wo die Materiallieferungen durch Engpässe immer schwieriger zu terminieren sind,“ schildert Ausbilder Andreas Schwarz von der Firma Weber aus Weissach, der sofort nach der Ausschreibung des Projekts alle Azubis angemeldet hat. Maxim Winter ist Auszubildender bei der Firma Albrecht Bühler in Nürtingen. Auch für ihn ist diese Baustelle eine nicht alltägliche Herausforderung. Einzig der Kaffee in der Pause wird vermisst, doch das macht der Abstieg zur Alpe Ifers-gunt und freien Getränken nach Wahl vor der Rückkehr zur Schwarzwasserhütte, wo alle untergebracht sind, dann wieder wett. „Das ist besser als Pflaster legen auf der Baustelle“, grinst Azubi Mehmet Karagözlü von der Firma Schlotz, Garten- und Landschaftsbau aus Winnenden. „Wir arbeiten ja häufig mitten in der Natur, aber dieser geniale Ausblick hier hat schon was. Allerdings sind die morgendlichen Höhenmeter zur Baustelle eine sportliche Herausforderung“, beschreibt Azubi Marcel Angermaier von der Firma Daniel Schieler aus Vaihingen an der Enz.

Europaschutzgebiet Ifen
Martin Bösch ist Schutzgebietsbetreuer des Europaschutzgebiets Ifen (Naturvielfalt Vorarlberg) und ebenfalls aktiv mit vor Ort. „Diese Mauer gehört zu unserer Kulturlandschaft hier im Kleinwalsertal und der Erhalt dieses landschaftsprägenden Bauwerks ist auch für uns sehr wichtig“, bekennt Bösch. Aufgrund der mörtellosen Bauweise ist diese Trockenmauer besonders für Reptilienarten als Habitat sehr wertvoll. Bösch und die Naturvielfalt Vorarlberg wissen den Einsatz der Stuttgarter Landschaftsgärtner sehr wohl zu schätzen und fördern deshalb die entstehenden Kosten mit rund 40 Prozent.
Auch der Landschaftsschutz Kleinwalsertal beteiligt sich an der Finanzierung dieses unbezahlbaren Einsatzes von über 40 Arbeitskräften und der DAV mit der Sektion Schwaben unterstützt diese Aktion ebenfalls finanziell. Der Ver-band Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. trägt sowohl monetär als auch durch die Gesamtorganisation mit zum Gelingen dieses wegen der Pandemie über zwei Jahre verschobenen Projekts bei.

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